Die Vertreibung der Mapuche

Buchpräsentation und Diskussion

Mit:
Martín Correa Cabrera (Chile), Historiker und Doktor der Anthropologie
Réne Kuppe, Universität Wien/IWGIA, Jurist, Kulturanthropologe und pensionierter Universitätsprofessor
Rodrigo Olsen Olivares/Botschafter von Chile in Österreich, Historiker, MA in Internationale Beziehungen

Moderation: Marcela Torres Heredia, LAI/Universität Wien, Doktorandin KSA

Anmeldung per Mail an office@lai.at

Die Vertreibung der Mapuche aus ihren Territorien im Süden Chiles begann ein paar Jahrzehnte nach der Unabhängigkeit Chiles von Spanien im Jahr 1812.  Das brutale Vorgehen gegen Mapuche-Gemeinschaften setzt sich bis heute fort, ebenso ihr Widerstand. Gegenwärtig sind es nationale und internationale Forst-, Bergbau -und Energiekonzerne, welche den Mapuche ihre Gebiete in der Region Aurakanien streitig machen. Nach dem Putsch im Jahr 1973 und der Abschaffung der unter Allende eingeführten Agrarreform (1970-1973) förderte die Militärregierung weitläufige Kiefern- und Eukalyptusplantagen für Zellstoff und Papier. Mapuche-Land wurde enteignet und privatisiert, die Ausbreitung von Forstkonzernen führte zu erbitterten territorialen Streitigkeiten und zerstörte die Beziehungen der Mapuche-Gemeinschaften zur Zentralregierung. Es folgten schwere Repressalien. Mapuche, die nicht weichen wollten, wurden ermordet und in die Großstädte vertrieben.

Die massive Abholzung von Aurakarien- und Mischwäldern zerstört noch immer die Lebensgrundlage der Mapuche und hat verheerende Auswirkungen auf die Biodiversität im Süden Chiles. Die Forstwirtschaft vernichtet aber auch die Beziehung der Mapuche zur Erde (Mapuche bedeutet Menschen/che der Erde/mapu), die nicht nur ihre Lebensgrundlage darstellt, sondern auch die materielle Basis ihres kollektiven Gedächtnisses. Mittlerweile sind 80 Prozent der chilenischen Wälder Monokulturen und lediglich 20 Prozent native Wälder.  Riesige Brände haben in den letzten Monaten mehr als  400.000 Hektar Wald vernichtet.

Der Kampf der Mapuche für ihr Land, ihre Kultur und Religion sowie für ein selbstbestimmtes Leben geht auch unter der neuen linksgerichteten Regierung von Gabriel Boric ungemindert weiter. Das Misstrauen in den Staat ist groß. Mapuche-Angehörige versuchen immer wieder, ihre Ländereien durch Landbesetzungen und Sabotage von Forstmaschinen zurückzuerobern. Durch diesen erbitterten Widerstand gegen die anhaltende Verletzung ihrer Rechte fallen die Mapuche jedoch nach wie vor unter die geltenden Antiterrorismusgesetze aus der Ära Pinochet.  In der öffentlichen Wahrnehmung werden Mapuche vielfach für ihre Kriminalisierung selbst verantwortlich gemacht und diskriminierend dargestellt. Verfolgung und Ermordung von Mapuche, wie im Falle von Macarena Valdez, bleiben oftmals ungeahndet.

Auch in den internationalen Medien wird diesem Konflikt kaum Aufmerksamkeit geschenkt, obwohl zahlreiche europäische Unternehmen in die gewaltsame Enteignung von Mapuche-Gebieten verwickelt sind.

In Gedenken an dem vor 50 Jahren stattgefundenen Militärputsch in Chile präsentiert Martín Correa Cabrera seine 2022 erschienene Publikation: „La historia del depojo. El origen de la propiedad particular en el territorio mapuche“ (Die Geschichte der Vertreibung. Der Ursprung des Privateigentums im Mapuche-Gebiet), welche 2022 das meistverkaufte Sachbuch in Chile war. Im Anschluss diskutieren Correa Cabrera, Botschafter Rodrigo Olsen Olivares und der Experte für Rechte indigener Völker, Prof. René Kuppe, unter der Moderation von Marcela Torres Heredia, über die aktuelle Situation der Mapuche-Gemeinschaften, deren Kampf für die Rückgabe ihrer Gebiete und die Rolle von internationalen Unternehmen in diesem anhaltenden Konflikt.

Mehr Informationen: https://www.vhs.at/de/e/lai/b/2023/04/24/die-vertreibung-der-mapuche

Kategorie: Veranstaltungen
Datum: 15. Juni 2023, 18:00–20:00
Ort: Österreichisches Lateinamerika-Institut, Frida-Kahlo-Saal, LAI, Schlickgasse 1