GREEN URBAN COMMONS

Zur Bedeutung von landwirtschaftlichen Bewegungen für den städtischen Raum in Wien.

Raum stand und steht, als Örtlichkeit und Objekt, im Zentrum der Verhandlung von Souveränität und von Öffentlichkeit in der sozialen Praxis. Verschiedene Formen von Partizipation und demokratischer Governancesind Gegenstand von Auseinandersetzungen um den Zugang zu Raum; besonders, wenn der Zugang zu materiellem Raum, also Land, auf dem Spiel steht, worauf Debatten um das „Recht auf die Stadt“ und zu Urban Commons verweisen.

„Öffentlicher Raum“ in der Stadt wird sehr oft mit Bildern bestimmter Orte wie Plätzen, Parks oder Räumen für (politische) Demonstrationen assoziiert, jedoch nur selten mit kollektiven Mitteln materieller Produktion, also Green Urban Commons, in Verbindung gebracht. Dennoch sind Besetzungen und die Nutzung von unversiegelten städtischen und rand-städtischen Gebieten zur landwirtschaftlichen Nutzung durchaus bedeutsam: Dominante Auffassungen von öffentlichem Raum werden von Bewegungen angefochten, die leerstehende Flächen, Brachen oder schlicht Privateigentum kollektiv für sich beanspruchen und kultivieren. Dabei werden Fragen der Landwirtschaft, von Ess-Kultur(en) und des städtischen Lebens als Ganzem neu verhandelt. Dies geschieht entlang dreier Dimensionen, wie sie Henri Lefebvre argumentiert: Räumliche Praxis, Repräsentation des Raums, Räume der Repräsentation.

Der Fokus des Projekts liegt auf der (Neu-)Verhandlung von Öffentlichkeit durch die selbstorganisierte Aneignung von Land (das als öffentlich wahrgenommen oder durch – mehr oder weniger – kollektive Aneignung und Produktion als öffentlich definiert wird) mittels landwirtschaftlicher Nutzung im städtischen Wien.

Aufbauend auf Daten aus Feldforschung, auf der Basis existierender Literatur und aus zeitgenössischen Quellen, sollen drei grundlegende Fragen beantworten werden: (1) Welche Faktoren bedingen das Entstehen sozialer Bewegungen, die öffentliche Räume mitgestalten, indem sie Land für landwirtschaftliche Zwecke beanspruchen und kultivieren und indem sie städtische Landschaft verändern, (2) welche Faktoren bedingen Erfolg, Scheitern oder Niedergang solcher Bewegungen und welchen Einfluss haben sie auf die Produktion öffentlichen Raums, (3) welche (Konstruktionen von) Bedeutung und Subjektivität(en) werden von diesen Bewegungen entwickelt oder angefochten und in welchem Verhältnis stehen sie zu landwirtschaftlicher Produktion und Intervention in urbane Landschaften?

Der historische Teil des Projektes wird, beginnend mit dem 19. Jahrhundert, die Geschichte von Bewegungen rekonstruieren, die Green Urban Commons im städtischen oder stadt-nahen Raum beanspruchten oder generierten. Ein zweiter Zugang innerhalb des Projekts wird sich – mittels qualitativ ethnographischer Methoden sowie quantitativer Analyse – mit kontemporären Bewegungen beschäftigen, um aktuelle Diskurse zu öffentlichem Raum und seiner Bedeutung innerhalb dieser Bewegungen zu identifizieren. Der dritte Teil des Projektes wird die Erkenntnisse im Rahmen breiterer theoretischer Perspektiven situieren, indem eine Theorie öffentlichen Raums aus einer Commons-Perspektive sowie eine Theorie der sozialen Innovation in städtischer  Governance öffentlicher Räume weiter entwickelt werden.

Projektdauer:
Projektleitung:
Mitarbeit: Ulrich Brand, Stephan Hochleithner, Andreas Exner, Peter Krobath, Sarah Kumnig, Isabelle Schützenberger, Stephanie Arzberger
Finanzierung: Das Projekt wird finanziert vom Wiener Wissenschafts- und Technologiefonds (WWTF) und ist am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien angesiedelt.