Vor der Entscheidung in Kolumbien: Ex-Guerilla-Kämpfer oder „Kolumbiens Trump“?
Aaron Tauss und Marcela Torres in Ö1 Punkt Eins
Über die Hintergründe, die Themen und möglichen Auswirkungen der Präsidentenwahl in Kolumbien spricht Johann Kneihs mit dem Politikwissenschaftler Aaron Tauss, Professor an der Universidad Nacional de Colombia, und der Sozialwissenschaftlerin Marcela Torres Heredia, zugeschaltet aus Kolumbien.
https://oe1.orf.at/programm/20220617/682310/Stichwahl-mit-Ueberraschungen
Gäste: Dr. Aaron Tauss, Professor am Institut für Politikwissenschaft der Universidad Nacional de Colombia
Marcela Torres Heredia, Sozialwissenschaftlerin und Doktorandin am Institut für Sozial- und Kulturanthropologie der Universität Wien, zugeschaltet aus Kolumbien.
Moderation: Johann Kneihs.
Am Sonntag, 19. Juni, entscheidet sich die Zukunft des zweitgrößten Landes, an der Bevölkerung gemessen, in Südamerika – und in jedem Fall wird Kolumbien eine neue Richtung einschlagen.
Sieger des ersten Wahldurchgangs ist der ehemalige Bürgermeister der Hauptstadt Bogotá und früheres Mitglied der Stadtguerilla M-19, Gustavo Petro. Er und seine Partei Colombia Humana stehen für soziale Reformen; an seiner Seite kandidiert die Umwelt- und Menschenrechtsaktivistin Francia Márquez, sie wird als Stimme der afroperuanischen Bevölkerung und der Frauen bezeichnet. Ihr Bündnis mit dem programmatischen Namen Pacto Histórico hat im ersten Durchgang der Präsidentschaftswahl am 29. Mai die relative Mehrheit erhalten.
Die zweite Überraschung war aber der Zweitplatzierte: nicht der Vertreter der traditionellen Konservativen Federico Gutiérrez, Favorit der Umfragen, sondern ein Geschäftsmann, der als „Kolumbiens Trump“ gilt: Rodolfo Hernández ist Immobilienunternehmer und war Bürgermeister der Stadt Bucaramanga; er hat an Diskussionen im Fernsehen nicht teilgenommen und seinen Wahlkampf maßgeblich über Tic-Toc bestritten. Er tritt gegen Korruption auf und ist selbst Ziel von Korruptions-Ermittlungen; vor einigen Jahren bezeichnete er sich als Anhänger eines „großen deutschen Denkers“, Adolf Hitlers – um sich später zu korrigieren, er habe Albert Einstein gemeint.
Die Wahl in einem der Länder mit der weltweit größten Ungleichheit wird auch als Indikator für die Entwicklung in ganz Lateinamerika aufmerksam verfolgt – in Richtung Sozialreform und Demokratie, oder in Richtung Rechtspopulismus und Rechtsextremismus wie in Brasilien unter seinem Präsidenten Jair Bolsonaro?
Die Redaktion freut sich über Ihre Beiträge zum Gespräch, telefonisch unter der Nummer 0800 22 69 79 während der Sendung oder per E-Mail an punkteins@orf.at
Datum: 17. Juni 2022, 13:00–14:00
Ort: Ö1 Punkt Eins